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Hörenswertes Frühling 2014: Ja Panik, Beck, Neneh Cherry, Against Me,Elbow

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stahlgitter

So, Winter! Du wurdest vor ein paar Tagen von den Meteorologen für beendet erklärt und ganz ehrlich, vermisst hat dich doch eh keiner! So klingen die hier vorgestellten Alben alle nach Lenz, aufblühendem Leben und Sahne in den Adern. Bei soviel sich bewegenden Molekülen findet man plötzlich gefallen an ehemals wenig geliebten Bands wie Ja Panik, die beswingt auf einmal eine spannende Facette von sich präsentieren, oder wie wäre es mit Against Me, deren Protest-Songs auch nun endlich wieder spannende Geschichten erzählen, und wem es nun gar zu warm ums Herz wird, der kann sich großartigste Melancholie von Beck einflößen, der auf dem neuen Album  zu Sea Change zurück kehrt und wieder schillert wie einst im Mai.

Beck – Morning Phase

(Caroline / Universal, 28.02.2014)

beck-morning-phase-608x608Der Morgen. Zeit des Anfangs, des Ankommen in der Realität, der leisen Euphorie oder auch der Niedergeschlagenheit, ob der Dinge die einen noch erwarten. Alles davon klingt wie das neue Album von Beck, der sich von seinem Eklektizismus wieder weg zum Songwritertum der 60er wendet und dem damit auch wieder tatsächlich etwas großes gelungen ist. Sea Change von 2003 war schon ein gewaltiges Album, passte aber nicht zum Image des ewig Jugendlichen mit seinen Flausen im Kopf. Zu altklug und zu schwer klang es für die Fans des sonst so infantilen Querdenkers. Auch wenn Beck immer noch aussieht wie gerade vom College geflogen, klingt seine Stimme doch gereift., folgt keinen Funk-Verrücktheiten, sondern orientiert sich an dem ätherischen Folk von Simon & Garfunkel und dem Entrückten der frühen Progrocker, als man mit King Crimson noch durch entfernte Traumwelten flog. Ein wunderbar homogenes Album, endlich wieder ein Klassiker der dem Ruf von Beck Hansen als Genie gerecht wird.


Ja, Panik – Libertatia

(Staatsakt, 31.01.2014)

libertatia1Schuld sind die immer die Anderen. Warum dann nicht einfach selber besser machen und einen Ort gründen, an dem Klassen aufgehoben werden und der Aufbruch in eine neue Zeit beginnt? Dass so etwas bisher nie wirklich funktioniert hat, geschenkt. Die Utopie von Ja Panik, die nun zu einem Trio geschrumpft sind und die ich vor gar nicht allzu langer Zeit noch als wenig tolle Wichtigtuer beschimpft habe, klingt zu meiner Überraschung großartig. Wie damals Tocotronic als sie mit dem weißen Album nicht mehr nach altklugen Zorn klangen, sondern angekommen in einer schönen Weltflucht, für die Musik immer noch die beste Möglichkeit bietet. Die Österreicher mit Exil in Berlin haben die Uhr zurück gedreht und erfinden sich wieder neu, als großartige Pop-Band, die uns Visionen von einer besseren Welt predigt.

Against Me – Transgender Diseuphoria Blues

(Indigo, 24.01.2014)

Against-Me-Transgender-Dysphoria-Blues1Euphorisch könnte auch Laura Jean Grace sein, die sich endlich ihrer männlichen Hülle entledigt hat und nun ein Outing betreiben konnte, das in der konservativ anmutenden Hardcore-Szene überwiegend positiv aufgenommen wurde. Nun sind Subkulturen, abgesehen von politisch radikalen Strömungen, von jeher toleranter. Der gesellschaftliche Mainstream ist immer noch gar nicht so weit, wie das Outing von Hitzelsberger zeigte, bei denen die meisten forderten, doch bloß ruhig zu sein und sich als heterosexueller Mensch in einer Minderheit sehen wollten. Man darf also auch 2014 nicht einfach sein, wer man ist und deswegen klingt das neue Against Me nicht versöhnlich, sondern wütend und kämpferisch wie jeher, allerdings diesmal nicht nahe am Rande zum Stadionrock, sondern wieder mit rotzigen Attitüde des Außenseiters und dem damit verbundenen wieder gefundenen Punk-Spirit, der auf dem letzten Album verschwunden schien.

Neneh Cherry – Blank Project

(Rough Trade, 28.02.2014)

Neneh-Cherry-Blank-ProjectGanz ehrlich, ohne Four Tet hätte es die Besprechung dieses Albums nicht gegeben. Sicherlich, die Frau gehörte in den späten 80er und frühen 90er Jahren nicht gerade zu den interessanten Pop-Phänomenen und kann schon als Einfluss auf Mia oder Santigold angesehen werden, aber an meinem Geschmack ist die Frau immer zielsicher vorbei gerauscht und war bisher auch nur noch in Erinnerungen an den wirklich schönen Song von Youssou N Dour präsent. Wie es nun zur Zusammenarbeit mit Richard Holden kam, weiß ich nicht wirklich, schließlich gilt der Mann als Mitbegründer einer neuen organisch klingenden Electronica und nicht wie z.B. Stuart Price von Zoot Woman als Produzent, der in die Jahre gekommenen Pop-Ikonen die Dance-Flötentöne beibringt. Das Album ist in der tat blank wie die weiße Wand, vor der Neneh auf dem Cover posiert. Nur trockene Beats und die Stimme leiten das erste vierte Album der Schwedin ein. Etwas unspektakulär, doch schon auf dem zweiten Song geht es in die düsteren Grime-Abgründe, überhaupt ist das Album stripped down, bis nur noch einzelne Beats und Claps eine Song halten. Anfangs ist das noch reizvoll, aber auf Dauer trägt der Minimalismus nicht mehr. Schade um die Idee und den sicherlich großen Respekt der beiden voreinander, aber man sollte besser wieder getrennte Wege gehen.

Real Estate – Atlas

(Domino / GoodToGo, 28.02.2014)

d9f36f89Hach, und nun doch wieder Frühlingsgefühle im Dutzend. Es mag ja Menschen geben, die Real Estate für ihre Lieblichkeit hassen, aber so wirklich verstehen muss man das nicht. Die Musik ist tatsächlich wie die Albumcover der Band aus New Jersey, die in ihrem Sound Momente einfängt die zeitlos und entrückt wirken. Das kann auf Dauer natürlich wirken, aber so verhält es sich mit allen Sachen und Orten an denen man verweilt, und eine Stunde ist kein Zeitraum für eine Ewigkeit und ja auch dieses Album wird man irgendwann leid, und freut sich dann doch wieder es neu zu hören und fragt sich warum man es die ganze Zeit nicht getan hat. So lässt sich als Fazit sagen: DIE Frühlingsband hat auch hier wieder alles richtig gemacht, manche Dinge sollte man nicht ändern, insbesondere wenn sie einfach schon vollendet sind.

Elbow – The Take Off and Landing of Everything

(Universal, 07.03.2014)

elbow-the-take-off-and-landing-of-everythingJa, irgendeiner muss ja immer den ruhigen Moment der Glückseligkeit stören. Aber eigentlich ist Lippy Kids vom letzten Album “Build A Rocket Boys” doch ein Stück Musik, das alles Majestätische dieser Welt in einen Song packt und für den man die wahrscheinlich schönste Stimme Englands auf einen Thron heben möchte. Doch trotzdem schwebt bei Elbow immer diese besondere Traurigkeit mit, zu deren Klängen man sich diese Band einfach nicht glücklich bei einem Strandspaziergang in Brighton vorstellen kann. Bei den Briten sind einfach immer Regentropfen an der Fensterscheibe angesagt und bei Songtitel wie Sad Captains weiß man ja wohin die Reise auf Ozean der Traurigkeit geht. Es ist alles schön gereift, wie die Stimme von Guy Garvey. Allein: es  fehlt die ganz große Hymne. So ist es eben einfach ein weiteres “nur” schönes Elbow-Album.


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